, Lukas L.

Paris-Roubaix Challenge 2023

Besuch bei der Königin der Klassiker
 
Wie bekommt man jemanden der kein Kopfsteinpflaster fahren mag dazu Paris-Roubaix zu fahren?
Richtig man verschenkt den Startplatz an die Person und verkauft es als Wochenende mit Freunden. So kam es also dazu das Christopher in der Startliste für die 145km Strecke stand. Daniel P. und ich (Lukas) durften als Ideengeber natürlich auch mit starten und wurden begleitet von Katrin und Juliane. Aber was macht man mit dem langen Osterwochenende, wenn nur der Samstag mit einem Event verplant ist? Richtig man fährt nach der Anreise am Donnerstag mit Willkommensgetränk der Wahl als Vorbereitung am Freitag schonmal 120km durch Flandern und nimmt alle wichtigen Anstiege der Flandernrundfahrt unter die Lupe. Ein Teil von uns war also optimal Vorbelastet und der andere Teil fragte sich am Freitagabend bereits: „Wie soll ich den Samstag überleben?“.

Samstag ging es dann früh im Sonnenaufgang durch Roubaix zum Velodrom wo wir uns mit Daniel Vits von Wattasia zum offiziellen Start der Paris-Roubaix Challenge trafen. Kurz gequatscht und dann ging es rein in den Startblock. Es herrschte großer Andrang am Start, so dass der Veranstalter immer wieder einen Schwung Fahrer starten ließ. In alter Team DKS Manier standen wir durch einen Zufall in der ersten Reihe unseres Schwungs. Der Moderator hat noch kurz Juliane und Katrin interviewt (leider ist der Anteil der weiblichen Starter bei diesem Event sehr gering) und uns dann auf Deutsch den Countdown runtergezählt. Auf ging es immer der gut ausgeschilderten Strecke entlang. Nach anfänglichem zähem Stadtverkehr ging es außerhalb von Roubaix in zügiger Reisegeschwindigkeit die Daniel P. und Christopher veranschlagt haben Richtung Verpflegung und von da aus weiter zum ersten Pavé.

Kleine Erklärung: mit Pavé wird ein Abschnitt im französischen bezeichnet der nicht wie gewöhnlich als Belag Asphalt aufweist sondern Kopfsteinpflaster. Der Zustand dieses Kopfsteinpflaster lässt sich allerdings nicht mit dem Bekannten aus deutschen Innenstädten vergleichen, sagt Karsten Migels auch. Dazu kommt, dass die Abschnitte für gewöhnlich als Feldwege dienen und dementsprechend ist der Zustand. In Flandern werden diese Abschnitte Kasseien genannt.

Nach gut 50km ging es in den Wald von Arenberg, Pavé 19 vor dem Ziel und gleich ein echter Härtetest für Material und Mensch. Das 5 Sterne Ranking versprach nicht Zuviel. Uns gelang es mit etwas ausweichen und wachsamem Auge heile durch zukommen. Wie wir vorher besprochen hatten wurde nach den Pavés gewartet und die Zeit kurz genutzt um das Material zu checken. Soweit alles in Ordnung und weiter ging es. Daniel P. als Wiederholungstäter meinte nur das schlimmste Stück ist geschafft und machte uns so Hoffnung das wir es alles schaffen werden. Pavé 17 machte dieser Hoffnung etwas Konkurrenz als ich mir meinen Hinterreifen aufriss und die Tubelessmilch nicht mehr abdichten wollte. Kurz einen Schlauch reingezogen und bei den nächsten Wohnmobilen mit der Standpumpe wieder genug Luft drauf gebracht und die anderen am Ende des Pavés wieder eingesammelt. Voller Hoffnung ging es weiter zum nächsten Pavé und mitten in diesem trotz vorsichtiger Fahrweise wieder ein bekanntes Geräusch. Mist und kein Ersatzschlauch mehr greifbar. Fußmarsch entlang des Pavés und auf der Grasnarbe bis zu den nächsten Wohnmobilen. Dort gab es einen sehr freundlichen Ex Mechanikers eines KT Teams der mir seinen letzten zu großem Schlauch anbot. Kurz überlegt und Versuch macht Klug. Weiter ging es bis zur nächsten Verpflegungsstation ohne weitere Defekte. Dort kurz beim Technischen Service 2 neue Schläuche gekauft und direkt einen samt Riegelpapier an dem Riss eingebaut.

Die ersten 80km und 5 Pavés waren geschafft und das Material hat zum Glück bisher nur bei mir Schwächen gezeigt. Pavé für Pavé ging es weiter Richtung Roubaix und die Kräfte fingen Stück für Stück an weniger zu werden. Daniel P. machte auf den Asphaltstücken weiter Tempo und neben ihm wurde regelmäßig gewechselt und selbst Vitsi hielt seine Nase phasenweise in den Wind. Nach dem zweiten 5 Sterne Pavé Mons-en-Pevele folgte ca. 30km vor Schluss dann die dritte und letzte Verpflegung, also kurze Pause um die Flaschen und Taschen wieder zu füllen. Auf dem Streckenplan waren dann noch 8 Pavés und Katrin als Roubaix-Profi (es war ihre 6.Teilnahme) meinte schon das die Pavés jetzt kürzer sind als die vorherigen. Also ging es mit gesammelten Kräften weiter. Roubaix war schon wieder fast in Sichtweite und das letzte 5-Sterne Pavé stand an, der gefürchtete Carrefour de l’Abre.

Das Pavé 4 - Carrefour de l’Abre wurde von uns allen ohne größere Probleme absolviert. Das kurze etwas einfachere Pavé 3 wurde anschließend zügig und nahezu geschlossen von uns untere die Räder genommen. Jetzt hatten wir quasi nur noch ein Pavé vor uns, also nochmal Schwungholen und los: die Freude über zügiges Kopfsteinpflaster fahren warte aber bei Vits und mir nur kurz. Ich hatte mal wieder Defekt und rettete mich artistisch ohne Sturz. Schnell zu zweit repariert und noch kurz ein paar deutsche U19 Fahrer und Profis beobachtet bevor es dann auf die letzten Kilometer ging. Kaum in der Stadt an gekommen ließ uns die Euphorie immer schneller werden und es ging mit circa 40km/h auf bereits abgesperrten Straßen für das folgende Frauenrennen dem Velodrom entgegen. Das letzte symbolische Stück Kopfsteinpflaster geschafft ging es ins Velodrom über den Zielstrich unter Applaus der zahlreichen Zuschauer. Hinter der Ziellinie kurzes Sammeln und realisieren. Haben wir das wirklich grade geschafft? Ja haben wir! Es wurde natürlich noch ein Erinnerungsbild im Velodrom geschossen und es ging weiter zum verdienten Regenerationsgetränk außerhalb des Velodromes. Denn schließlich kamen nach uns noch die Profifrauen ins Ziel und somit nahm ich meinen Pflasterstein am Rande des Velodromes entgegen.

Am nächsten Tag stand nochmal der Carrefour de L’Abre zum zuschauen auf dem Plan.
Das Wochenende war ein Genuss und Paris - Roubaix und die dazugehörige Challenge bekommt eine klare Empfehlung für alle die mal was Besonderes erleben wollen und nicht vor ordentlich durchgeschüttelten Knochen zurückschrecken.